Eine Installation, viele Websites, alle mit demselben Codebase. Das klang wie Magie.
Am Anfang waren das nur kleine persönliche Projekte. Aber je mehr ich experimentierte, desto neugieriger wurde ich, wie alles funktionierte. Besonders spannend fand ich es, Seiten zu verbinden – vor allem für mehrsprachige Setups. Die Lernkurve war steil, und das Netzwerk-Admin-Panel war für Anfänger:innen nicht gerade einladend. Anstatt aufzugeben, habe ich angefangen, im Code zu stöbern, kleine Tools zu bauen und Fehler zu beheben.
Fünfzehn Jahre später treibt mich diese Neugier noch immer an und ich bin weiterhin überzeugt, dass Multisite für alle einfacher und angenehmer werden kann.
Kürzlich habe ich zu diesem Thema auf dem WordCamp US im August gesprochen. Du kannst dir die komplette Präsentation ansehen oder unten eine Zusammenfassung lesen:
Was macht Multisite besonders
Im Kern ist Multisite ein Weg, mehrere Websites mit nur einer WordPress-Installation zu betreiben.
Du teilst dir einen Satz an Core-Dateien, Plugins und Themes, während die Inhalte jeder Website getrennt bleiben. Du aktualisierst WordPress ein einziges Mal und alle Seiten im Netzwerk profitieren davon. Diese zentrale Steuerung spart viel Zeit für alle, die dutzende oder sogar hunderte von Seiten betreiben.
Auch andere Plattformen bieten Varianten derselben Idee. Drupal ermöglicht ebenfalls mehrere Seiten mit einem Codebase, setzt aber auf getrennte Datenbanken. Joomla verlässt sich auf kostenpflichtige Erweiterungen, während SaaS-Plattformen wie Shopify Plus oder Wix für jede Seite eine eigene Instanz verwalten.
WordPress sticht durch seine Flexibilität und Open-Source-Erweiterbarkeit heraus: Gemeinsame Ressourcen können beliebig mit individuellen Anpassungen kombiniert werden.
Die Architektur hinter den Kulissen
Multisite-Netzwerke können Subdomains (site1.example.com), Unterverzeichnisse (example.com/site1) oder eigene Domains (brand-a.com, brand-b.com) nutzen. Jede Variante hat Vor- und Nachteile – je nach SEO, Hosting und Kundenanforderungen.
Unter der Haube ändert Multisite die Datenbankstruktur. Du hast weiterhin gemeinsame Tabellen wie wp_users und wp_usermeta, dazu für jede Seite einen eigenen Satz Tabellen wie wp_2_posts, wp_3_posts, usw.
Eine zentrale Tabelle, wp_blogs, speichert jede Seite mit blog_id, Domain und Pfad. Die site_id definiert, zu welchem Netzwerk sie gehört – das wird wichtig, wenn mehrere Netzwerke verwendet werden.
Dieses Layout macht unabhängige Inhalte in einer einzigen Datenbank möglich, sorgt aber auch für mehr Komplexität. Die Datenbank wächst schnell und abteilungsübergreifende Abfragen können herausfordernd sein, wenn sie nicht sauber umgesetzt werden. Entwickler:innen sollten diese Struktur verstehen, um Migrationen und Performance-Optimierungen durchführen zu können.

Echte Anforderungen sind selten ordentlich
Kund:innen denken nicht in Subdomains oder Verzeichnissen. Sie denken in Zielen.
Eine Firma möchte vielleicht eine .com-Seite, regionale Domains und mehrere Sprachen – alles unter einer Marken-Dachmarke: brand.com/en, brand.fr, brand.fr/de. Aus ihrer Sicht sollte das einfach funktionieren. Für uns heißt das, technische Strukturen zu kombinieren, die eigentlich nicht dafür gemacht sind, sich so frei zu vermischen.
Hier kommen Multi Networks ins Spiel. Mit Plugins wie WP Multi Network kannst du mehrere unabhängige Netzwerke in einer WordPress-Installation erstellen. Jedes Netzwerk kann eigene Themes und Plugins nutzen – ideal für Organisationen mit regionalen oder markenspezifischen Anforderungen.
Das ist nicht Teil des Cores und die Oberfläche ist minimal, aber für komplexere Setups oft die praktischste Lösung.
Entwicklungs- und Verwaltungstools
Die Multisite-Einrichtung war lange einschüchternd: wp-config.php anpassen, DNS-Wildcards verwalten und SSL für mehrere Domains konfigurieren. Zum Glück hat sich der Entwickler:innen-Alltag verbessert.
Mit wp-env, dem Docker-basierten lokalen Entwicklungs-Tool, kannst du mit nur einem Befehl eine Multisite-Instanz starten. Eine einfache .wp-env.json stellt sicher, dass alle im Team die gleiche Umgebung nutzen – mit multisite: true wird der Netzwerkmodus sofort aktiviert. Composer, WP-CLI, PHPUnit und sogar Xdebug sind direkt im Container verfügbar und machen lokale Multisites vorhersehbar und reproduzierbar.
WP-CLI ist ein weiteres unverzichtbares Tool.
Befehle wie wp site list oder wp site create ermöglichen die Verwaltung von hunderten Seiten, ohne das Netzwerk-Admin-Panel öffnen zu müssen. Bei großen Installationen spart ein automatisiertes Scripting vieler Arbeitsschritte nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Fehler.
Aktuelle Einschränkungen und eine Vision für Verbesserungen
Trotz starker Funktionen hat sich die Multisite-Oberfläche kaum verändert. Das Netzwerk-Admin wirkt fragmentiert: Die Navigation ist uneinheitlich, Sammelaktionen sind begrenzt und visuelles Feedback gibt es kaum. Zwar kannst du Plugins netzwerkweit aktivieren, aber nicht schnell sehen, auf welchen Seiten sie tatsächlich genutzt werden.
Auch die Benutzerverwaltung zeigt Lücken. Es fehlt eine Übersicht, wer worauf Zugriff hat, und das Anlegen neuer Seiten bedeutet oft viel wiederholte Handarbeit. Für Neueinsteiger:innen entstehen dadurch Hürden – und für erfahrene Admins bedeutet es Zeitverlust und ein erhöhtes Fehlerpotenzial.
Alle nötigen Daten für das Multisite-Management liegen längst in der Datenbank – nur werden sie nicht effektiv präsentiert. Wenn WordPress z. B. DataViews und DataForm nutzen würde, könnte eine moderne Oberfläche entstehen, die die Verwaltung von Seiten, Nutzenden, Plugins und Themes vereinheitlicht.
Stell dir vor, du öffnest das Netzwerk-Admin und siehst sofort, wo jedes Plugin aktiv ist – oder kannst alle Rollen eines Nutzers/netzwerksweit einsehen und direkt ändern, ohne zwischen Bildschirmen zu wechseln.
Genau diese Richtung sollte Multisite einschlagen: konsistente, flexible und handlungsorientierte Interfaces. Klare Sichtbarkeit, weniger Wiederholungen und intuitive Steuerungen würden Multisite zugänglicher für Neue machen und gleichzeitig den Admins viel Zeit sparen. Das Potenzial ist klar – jetzt braucht es ein (UI-)Design, das die Power von Multisite sichtbar statt kompliziert macht.

Experimentieren: Core vs. Plugins
Um Wege zur Verbesserung von Multisite zu testen, habe ich verschiedene Ideen als Plugins umgesetzt. Zusammen mit meinen Kolleg:innen von Syde haben wir MultiSyde entwickelt. Das Plugin sorgt im Admin für eine netzwerkweite Sichtbarkeit von Plugins und Themes und bringt Tools mit, mit denen neue Seiten direkt vorab konfigurierte Templates, aktivierte Tools und Standardinhalte erhalten.
Diese Prototypen sind keine finalen Lösungen. Sie zeigen als Proof of Concept, was funktioniert, was nicht – und welche Verbesserungen sich für den Core später lohnen würden.
Der Core sollte sich auf universelle Features konzentrieren, also auf Stabilität, Performance, Barrierefreiheit und Sicherheit. Außerdem sollten grundlegende Workflows für Seiten-, Nutzer-, Plugin- und Theme-Verwaltung klarer und konsistenter werden.
Plugins dagegen sind der Ort für spezielle Workflows oder individuelle UI-Änderungen. Diese Trennung hält den Core schlank und ermöglicht trotzdem Experimente. Die entscheidende Frage bleibt: Ist das Feature für fast jeden Multisite-Nutzer wichtig? Wenn ja, ab in den Core. Wenn nicht, dann bleibt es optional.
So kannst du dich einbringen
Multisite ist seit über fünfzehn Jahren Teil von WordPress – und entwickelt sich weiter. Als Rückgrat vieler komplexer WordPress-Seiten spielt Multisite eine große Rolle im Ökosystem. Egal ob Developer:in, Tester:in oder einfach ein:e Nutzer:in mit Ideen: Es gibt viele Möglichkeiten, dich einzubringen und die Zukunft mitzugestalten:
- Code: Arbeite an Core-Tickets im Bereich Networks and Sites.
- Testen: Probiere Nightly Builds aus, teste Patches und melde Probleme.
- Feedback: Hilf uns, MultiSyde zu verbessern, indem du uns deine Praxiserfahrungen und Feature-Wünsche auf GitHub mitteilst.
- Mitmachen: Mach mit im #core-multisite Channel auf WordPress Slack.
Jeder Beitrag – groß oder klein – bringt Multisite weiter.
Blick in die Zukunft
Multisite ist eine der mächtigsten, aber auch am wenigsten verstandenen Funktionen von WordPress. Wenn wir die Einrichtung vereinfachen, die Übersicht verbessern und die Oberfläche modernisieren, machen wir Multisite für viel mehr Menschen zugänglich – und verlieren dabei trotzdem nicht die Flexibilität, die es besonders macht.
Die Reise, die 2010 aus Neugier begann, geht auch heute weiter: Wir erforschen, testen und arbeiten gemeinsam daran, WordPress Multisite effizienter, konsistenter und angenehmer zu gestalten.
Als Teil dieses Engagements hat unser Team bei Syde MultiSyde entwickelt – ein Plugin, das die netzwerkweite Übersicht für Plugins und Themes verbessert und das Onboarding neuer Seiten vereinfacht. Solche Tools machen aus Ideen praktische Lösungen und bringen Verbesserungen auf den Weg, die der gesamten WordPress-Community zugutekommen können.
Brauchst du Hilfe bei deiner komplexen Seite?

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